Wenn der Todestag des geliebten Menschen wieder kommt
Es ist wieder da
Der Tag wirft schon längst seinen Schatten voraus
 Nur Angst kann er mir nicht mehr machen
 Auch dieses Gelähmtsein ist mir nicht mehr fremd
 Ich kann's nicht verhindern und tu nichts
Das Singen der Vögel, es hat uns genügt
 Wir blieben ganz still und wir schwiegen
 Zu wissen, es füllt auch den anderen aus
 Genügte ein Blick zueinander
Mein Fenster weit offen, es weist in die Welt
 Doch fühl ich es wie vor drei Jahren
 Sie ist nicht die meine, denn sie ist zu schön
 Sie dreht sich so ungerührt weiter
Die Vögel hier draußen, sie singen wie einst
 Viel sorgloser erscheint mir ihr Leben
 Ich höre und sehe sie, denk sonst an nichts
 Und pausenlos fließen die Tränen
Ronny April 2012
Erfahrungen in der Trauergruppe
Es war einmal ein Trauerbewältigungsseminar in Berlin-Steglitz im Jahr 1993
Wir trafen zusammen im April
 alle vor Trauer und Schmerz ganz still. 
 (Nur eine war am Anfang etwas schrill ...)
So negativ war der Anlaß für uns, zu kommen,
 doch positiv der Wunsch, gemeinsam weiterzukommen, 
 heraus aus dem tiefen Loch, 
 denn jede hoffte doch irgendwo im tiefsten Herzen, 
 etwas loszuwerden von ihren Schmerzen. 
 Alle waren wir durch der Liebsten Tod aus dem Lot.
Da kam dieses Angebot:
 Das Zauberwort heißt Abschied 
 lehrte uns Aristide.
 Und er wurde es niemals müd', 
 diese Botschaft zu wiederholen:
Immer wieder hat er uns empfohlen, 
 das Lebewohlsagen zu üben,
 er hätt's uns am liebsten hinter die Ohren geschrieben! 
 Er hat ja recht - aber es fällt so schwer,
 wo nimmt man Ersatz für das Verlorene her?...
Herr Proksch zeigte uns Schritt für Schritt, 
 auch wenn man anfangs noch so litt,
 es gibt Wege heraus aus der Krise,
 etwa diese: Denken, schreiben, sprechen, weinen.
Auch wenn anfangs alle meinen, 
 bei meiner Trauer hilft das nicht, 
 Aristide verspricht:
 Mach' dir deinen Schmerz bewußt,
 so überwindest du den Verlust.
Erkenne deine Schwächen und Stärken, 
 und du wirst merken,
 du bist ein einzigartiges Wesen
 und kannst/musst quasi durch dich selbst genesen.
Tue dir etwas Gutes und setze dir Ziele, 
 aber nicht auf einmal zu viele.
 Zeit braucht die Trauerarbeit, viele Phasen, 
 denn schwer ist es über alle Maßen,
 sich abzufinden mit dem Verlust.
Aber darum geht es, du darfst
 irgendwann die Trauer beenden,
 um dich neuen Seiten im Buch deines Lebens zuzuwenden.
Noch sind wir nicht an diesem Ziel, 
 aber viel weitergebracht hat uns Aristide – unser Guide.
 Doch unvollständig wär' die Geschicht', 
 erwähnt' ich den zweiten Helfer nicht:
 Das ist Bruder Bauermann, 
 der kann durch Geschichten, Zuhören und im Gebet
 Trost und Hilfe spenden
 auch wenn man nicht immer ganz versteht, 
 wodurch sich die Dinge zum besseren wenden...
Fünf Abende wollten uns die beiden betreuen,
 ich kann nur sehr hoffen, daß sie es nicht bereuen, 
 uns all die folgenden Sonntagabende geschenkt zu haben 
 - wir danken von Herzen für diese Gaben!
 Gaben, die so außerordentlich sind, 
 grad direkt wie vom Christkind.
Einsam waren wir im April,
 doch jede aus der Gruppe, die will, 
 kann jetzt im Dezember sagen:
 Ich bin nicht mehr einsam, denn andere tragen meinen Kummer mit
 wie ich auch den Kummer der anderen trage, und ich sage: 
 Geteiltes Leid ist weniger Leid,
 ein Fortschritt des anderen auch meine Hoffnung;
 ohne Trauer hätte ich vorher wohl auch nicht die Liebe gehabt; 
 ohne das Trauerbewältigungsseminar hätte ich nicht neue Freunde gefunden.
 Und - auf Trauer
 reimt sich auch: Power!
Irmgard Gretscher, Berlin, 19.12.1993 
 Irmgard Gretscher ist 2005 verstorben. Sie hat mit ihren Gedanken und ihrer liebevollen Zuwendung einigen Menschen neue Horizonte eröffnet.